Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert – Joël Dicker

„Die Wahrheit ändert nichts an dem, was man für einen anderen Menschen empfindet. Das ist ja die Krux mit den Gefühlen.“

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert, Joël Dicker, S. 680

Aurora, eine Kleinstadt an der Ostküste der USA, die die Öffentlichkeit ohne die verhängnisvollen Ereignisse vom Sommer 1975 niemals bemerkt hätte. Harry Quebert, ein gefeierter Schriftsteller, in dessen Garten die Leiche eines seit 33 Jahren vermissten Mädchens gefunden wird. Und sein Schüler, Marcus Goldman, mittlerweile ebenfalls erfolgreicher Schriftsteller, der sich auf die Suche nach der Wahrheit macht. Dazwischen Lektionen über das Schreiben, das Leben und das Boxen. Über ein Meisterwerk. Und schließlich gleich mehrere, mehr oder weniger gute, Bücher im Buch. Das alles auf über 700 Seiten und trotzdem in keinem einzigen Satz langweilig.

Joël Dickers erster Roman Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert hat mich voll und ganz überzeugt. Momentan kommt es mir so vor, als sei jedes Buch, das ich lese, noch ein wenig besser als das vorherige. Darum gibt es hier auch nur absolut positive Rezensionen. Vielleicht würde ich auch gern einmal sarkastisch irgendetwas verreißen, aber die Bücher, die ich momentan lese, haben alle nur Lobeshymnen verdient. Also bleibe ich dabei und freue mich, dass mir so viel Schönes zwischen zwei Buchdeckeln begegnet. Abgesehen davon, dass ich Nola, das geheimnisvolle tote Mädchen, um das sich die Geschichte dreht und das in den regelmäßigen Rückblicken ins Jahr 1975 ganz Aurora den Kopf verdreht, nicht sonderlich sympathisch oder liebenswert fand, kann ich über diesen Roman nichts Negatives schreiben.

Der Fall Nola Kellergan

Dicker schreibt klar und fesselnd, und zwar vom ersten Satz bis zur letzten Seite. Das Buch ist durchweg spannend, und nachdem ich gut 150 Seiten vor dem Ende ganz kurz das Gefühl hatte, der Fall sei aufgeklärt – das Buch sozusagen geschrieben – und mich fragte, was jetzt noch kommen sollte… zog die Geschichte noch einmal richtig an. Der Fall Nola Kellergan, die nach Jahrzehnten wieder aufgenommenen Ermittlungen, die miteinander verbundenen Ereignisse und Figuren aus Gegenwart und Vergangenheit sind vielschichtig und komplex.

„Das Leben ist ein langer Sturz, Marcus. Das Wichtigste ist, fallen zu können.“

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert, Joël Dicker, S. 87

Trotzdem schafft Joël Dicker es, den Leser mitzunehmen und nie allein vor dem komplizierten Rätsel zurückzulassen. Man fühlt sich nicht, wie in den Wirren mancher anderer Bücher, verloren. Dicker hat es geschafft, meine Gedanken, Vermutungen und Verdachte beim Lesen regelmäßig zu ordnen, ohne dass diese Resümees gezwungen gewirkt oder den Fluss der Geschichte unterbrochen hätten. Dicker hat mich mit der herrlich logischen und analytischen Weise beeindruckt, auf die er einen Krimi geschrieben hat, in dem es nicht nur um einen Mord und die eine große Liebe geht, sondern auch um die Schönheit des Geschriebenen und den Wunsch, einem alten Freund zu helfen.

Der Fall Harry Quebert

Ich konnte das Buch, mit all seinen 730 Seiten, kaum aus der Hand legen. Nicht nur, weil ich unbedingt wissen wollte, wie der Fall aufgelöst wurde. Sondern auch, weil ich gern in Aurora war. In dem Schriftstellerhaus am Meer. Mit den Möwen am Strand. Und mit Marcus Goldman auf der gefährlichen, manchmal erschütternden und menschlich abgrundtiefen Suche nach der Wahrheit über den nach über dreißig Jahren aus den Tiefen des Vergessens und unter dem Rasen im Garten eines schönen Hauses am Rande der Klippen ausgegrabenen Fall Harry Quebert.

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